Zeitig am Morgen hatte mich heute die Wanderlust gepackt. Die Nacht war nicht die Beste. Nach insgesamt knapp vier Stunden, weitgehend Unruhigem, Schlaf war ich bereits wieder auf den Beinen. Ihr kennt das auch? Man ist noch müde, kann aber trotzdem nicht weiter schlafen? Tja, so ging es mir heute. Also, warum nicht die Gelegenheit beim Schopf packen und eine Morgenwanderung absolvieren.
Karte, Route & Tourdaten
Gedacht. Gesagt. Getan. Also auf nach Eberau. Dort bin ich aktuell ja gerne unterwegs. An der Grenze zu Ungarn. Abseits vom Tourismus. Flach. Schöne Gegend. Wenig Menschen. Was mir noch fehlt, war die Wanderung gen Westen. Auf den Weinberg hinauf. Das sollte sich heute ändern.
Start in der Morgendämmerung bei der Kirche Eberau
Bei der Kirche in Eberau war, um halb sieben Uhr morgens, schnell ein Parkplatz gefunden. Alternativ sind hier auch genügend Möglichkeiten um den Hauptplatz. Ist aber kaum nötig. Ich persönlich habe hier immer maximal zwei parkende Autos angetroffen. Also Auto abgestellt. Tracker On. Trinkflaschengürtel angeschnallt. Und los gehts.
Zunächst führt die Route nach Westen, auf der nördlichen Seiten des Wasserschlosses entlang. Weiter über die hölzerne Pinka-Brücke hinüber in den Ort Kulm. Hier treffe ich auf mein erstes unverhofftes Highlight. Eine der typischen „Tore“ des „Ökolandes“, die man hier im Südburgenland immer wieder findet, lacht mir bereits au einiger Entfernung entgegen. Und so, wie meist, bedeutet das „hier ist was zum gucken!?“. Durch das Lärchentor schreitend sieht man dann auch schon das schöne Arrangement. Bestehend aus einem blauen „100 Jahre Burgenland“ Fotorahmen, der Richtung Wasserschloss ausgerichtet ist. Weiters aus einer Sitzgruppe mit Info-Tafeln daneben. Und einem alten Brunnen, samt dem typischen, markanten, hölzernen Hebel.
Pannonischer Brunnen im Morgenrot
Mit dem blauen Fotorahmen kann man aktuell so gut wie gar nichts anfangen. Hoher Mais macht das geplante Motiv, eben das Wasserschloss, im Hintergrund zunichte. Aber das ist das auch schon die einzige Kritik, die mir spontan einfällt. Ansonsten ist der Platz wirklich schön und gepflegt. Und die aufgehende Sonne im Hintergrund beschert mir dann auch noch wirklich schöne Fotos. Das macht Spaß. So kann der Tag heute weiter gehen.
Pause, in Form von hinsetzen und sinnieren, mache ich aber keine. War ja erst vorhin losgegangen. Also weiter geht’s, die geplante Route entlang. An der Bundesstraße angekommen, rechts halten, am örtlichen Friedhof vorbei und gleich wieder links, die nächste Gasse, rein. Hier gehts nun etwa zweihundert Meter gerade entlang, bis die Straße eine Rechtskurve beschreibt. An dieser Rechtskurve, bzw. Kreuzung steht, gleich hinter der Brücke Richtung Eberau, auch ein Amerikanerkreuz. Wer gucken mag. Das habe ich allerdings bereits bei einer anderen Tour begutachtet. Deswegen folge ich heute ohne Pause dem Straßenverlauf nach rechts. Ab hier geht es nun langsam bergauf zum Weinberg.
Hinauf auf den Weinberg
Und der startet wirklich langsam. Die erste Gerade ist noch richtig flach. Kaum eine Steigung zu bemerken. An der Brücke rechts halten und hier beginnt der Weg langsam anzusteigen. Das merke ich auch in den Wadeln. Auf einer geteerten, geschwungenen Straße, die sich schön in die Landschaft einfügt, marschierte ich Richtung „Gipfel“. Tendenz: ansteigend. Und mit jedem Schritt wandelt sich die Qualität hier.
Was zunächst unmerklich und dann angenehm begonnen hatte, wechselt nun zu ansprechend und weiterfolgend zu herausfordernd. Am Höhenprofil der Tour kann man hier, grob gesagt, eine teils exponentielle Kurve nach oben erkennen. Mit „Steigungsspitzen“ von etwa neun bis zwölf Prozent. Auf ungefähr zwei Kilometer verteilt. Meine Wandeln brennen jedenfalls zunehmend und die Pausen, in Form von kurzem Atem holen, die ich hier einlege, sind nicht immer nur für Fotos.
Das Panorama wird mit jedem Schritt schöner
Und dennoch, die Mühe ist es allemal wert. Mit jedem Schritt eröffnet sich auch eine geniale Aussicht. Weit über das Land schweift der Blick. Hier präsentiert sich das Südburgenland von seiner schönsten Seite. Vorbei an alten und neuen Kellerstöckeln. An Obstbäumen und Weingärten. Und doch weiterhin zwischen Wiesen in der Natur wandernd. Herrlich.
Was sich am Weg zum Gipfel bereits angekündigt hat, ist ganz oben dann natürlich noch viel schöner. Hier wartet mein zweites, diesmal Geplantes, Highlight auf mich: die Bergkapelle. Ein altes sakrales Bauwerk, das man vom Tal unten schön sehen kann. Und gleich daneben eine Bank, die mich zu einer Rast einlädt. Und diesmal nehme ich diese Einladung dankbar an.
Bei der Bergkirche
Bei einigen Schlucken aus meiner Trinkflasche lasse ich meinen Blick über das Tal unter mir schweifen. Vom Geschriebenstein im Norden, über Ungarn und die pannonische Tiefebene im Osten, bis weit nach Süden, das Pinkatal hinab. Mit der weiterhin aufgehenden Sonne im Hintergrund. Traumhaft.
„?“ – eine sms erreicht mein Handy. Meine Gefährtin ist nun auch aufgewacht und möchte natürlich wissen, wo sich ihr Pedant schon in aller Herrgottsfrühe rumtreibt. Wir telefonieren gut gelaunt miteinander und ich schicke Manuela ein paar aktuelle Schnappschüsse. Dafür ernte ich ein „wow“ und ein „noch viel Spaß“, bevor ich meine Wanderung fortsetze.
So kann der Tag beginnen … herrlich.
Aber davor bleibe ich noch ein wenig sitzen und genieße einfach. Den Morgen. Die Gegend. Die Stimmung. Eine Gelse erinnert mich dann aber doch, dass es Zeit ist, wieder aufzustehen und meine Tour fortzusetzen. Diese lästigen, blutsaugenden Biester!
Noch ein paar Fotos. Und schon bin ich wieder am Weg. Schritt für Schritt die Route weiter.
Ein Stück weit führt die Strecke hier noch bergauf. Am Ende der Tour wird meine Uhr insgesamt 88 Höhenmeter anzeigen. Weiter zwischen Kellerstöckeln, Weingärten und Obstbäumen wandernd. Und auch weiterhin mit tollen Ausblick nach Osten.
Am höchsten Punkt der Tour
„Guten Morgen“, grüße ich zu einem Haus hinüber, auf dessen Terrasse gerade ein „Aufgestandener“ seine Zeitung liest. Er grüßt freundlich lächelnd zurück. Vor dem Haus parkt ein Auto mit Wiener Kennzeichen. Sichtlich ein „Stadtflüchtling“. Gut so. Am Land und in der Natur, ist es sowieso schöner. Wobei … das soll nun keine Abwertung von Wien sein. Ich selbst habe ja auch ein paar Jahre in der Hauptstadt gelebt. Und damals war sie durchaus lebenswert. Zumindest ein paar Bezirke. Aber vermutlich liegt es auch am Alter. In jungen Jahren bietet die Stadt ja alles, was das Herz begehrt. Aber mit zunehmendem Alter findet man seine Wünsche wohl eher am Land erfüllt. Ist zumindest bei mir so.
Mit den Gedanken an meine Zeit in Wien und den damit verbundenen Geschichten erreiche in kurze Zeit später dann auch schon den höchsten Punkt der Tour. Ja, die Geschichten aus Wien. Die alleine würden ein Buch füllen. Egal. Ich bin jetzt am Weinberg im Südburgenland und nicht in den Wiener Straßenschluchten.
Morgenstund hat Korn im Mund?
Nach einer Linkskurve geht es hier nun in ein Waldstück hinein. Von irgendwo her vernehme ich Lärm, den ich nicht einordnen kann. Und der scheint gar nicht so weit weg zu sein. Ah, ein Mähdrescher. Schon nach der nächsten Biegung hat sich das Rätsel gelöst. Ein Drescher und mehrere Traktoren sind hier bereits fleißig mit der Mais-Ernte beschäftigt. Die Silage wird’s gleich direkt auf die parallel fahrenden Hänger gehäckselt. Das kenne ich noch von früher. Bin ja selber auch auf einem Bauernhof aufgewachsen. Das ist ja mittlerweile eine richtig nostalgische Tour, denke ich schmunzelnd. Die Vergangenheit holt einen ja doch immer wieder ein.
Bei mir gehts aber natürlich weiter. Mittlerweile bin aus dem Waldstück wieder heraußen und wandere bergab, die Routenführung weiter. An der nächsten Kreuzung, in der Nähe von „Edlitz-Bergen“, halte ich mich rechts. Weiterhin bergab, nach Osten folgt nun ein zweites, kurzes Waldstück, an dessen Ende das Pinkatal auf mich wartet.
Über Wiesen und Wald zurück ins Tal
Mittlerweile habe ich auch bereits Streckenkilometer 7 hinter mir. Und der Tag ist noch jung. Gut so. Der Speck muss, bei mir, ja weg.
Aus dem Wald hinaus kann ich dann auch schon das Pinkatal erkennen und ein wenig weiter unten die Bundesstraße, die sich hier von Nord nach Süd schlängelt. Nun noch ein Stück am Waldrand entlang. Hier verläuft meine gewählte Route nun auf einem Feldweg schräg hinunter zur Straße.
Pinkatal voraus
„Winten“, das Ortsschild begrüßt mich, als ich aus einem nochmaligen, kleinen „Gebüschabschnitt“ (Wald kann man das nicht wirklich nennen hier) in die „Welt der Menschen“ hinaus trete. Straße, Häuser, Verkehr – die Zivilisation hat mich wieder.
An der Straße entlang, vorbei an einer kleinen Kapelle, an den Häusern von „Winten“ und der örtlichen Kirche, durchwandere ich den Ort. An der nächsten Ortstafel, die das Ortsende von „Winten“ signalisiert, vorbei, auf der linken Seite die Landstraße entlang. Gerade so, wie ich es vor langer Zeit in Verkehrserziehung gelernt habe.
Durch Winten hindurch und an der Kirche vorbei
Hier muss ich nun aufpassen. Einer der Wege, die links von der Straße wegführen, ist der Richtige. Und natürlich erwische ich zunächst den Falschen. Aber ein weiterer Blick auf den Punkt am Handy sagt mir: Der nächste Weg ist es, auf dem die Route hier von der Straße weg, links einbiegt. Und den marschiere ich nun rein.
Über flache Feldwege nach Eberau zurück
Flach. Sehr flach. Und auch schon die finalen Kilometer dieser Wanderung. Über Feldwege marschiere ich nun Richtung Eberau nach Süden. Vorbei auch an riesigen Kürbisfeldern, wo tausende der Kugeln auf ihren Abtransport und Weiterverarbeitung warten. Aus vielen wird sicher das gute, nussige Kürbiskernöl gepresst. Mag ich ab und zu auch ganz gerne. Immer muss ich es nicht haben, aber wenn es passt, why not. Mein Vater sagte dazu immer: „Ich brauch kein Motoröl in meinem Salat!“ Natürlich mit einem Lächler feixend Richtung meiner Mutter, die gebürtige Steirerin war. Mögen sie in Frieden ruhen und beide auch in der Anderswelt ihren Spaß haben.
Kürbisernte voll im Gang
Mittlerweile habe ich die Häuser von Eberau wieder erreicht. Und an der Brücke angekommen halte ich mich nach links, über die Brücke drüber, dann gleich wieder rechts rein. Diese Gasse kenne ich noch nicht, also hier auch mal durch. Wer möchte, kann aber hier genauso gut der Bundesstraße folgen. Ist kürzer und führt genauso zum Ziel.
Am Hauptplatz in Eberau
Nach einem Bogen bin ich wieder an der Bundesstraße und bald wieder – rechts hinein – auch schon am Hauptplatz und bei der Kirche angekommen. Hier herrscht schon ein wenig geschäftiges Treiben beim örtlichen Bäcker. Die Eberauer holen ihr Frühstücksgebäck ab. Und ich hol mir jetzt auch was „ab“. Gleich neben der Bäckerei Gansfuss. Im, zur Bäckerei gehörenden, Café Crustulum. Was wohl? Eine Melange. „Meine“ Melange. Die ja fast schon zur Tradition nach der Tour geworden ist. Und Traditionen gilt es zu pflegen. Mach ich nun. Schön war’s.
Günther Schranz, 22.9.2023