Eine etwas konfuse, 9 Kilometer lange, „Kreuz & Quer“ Rundwanderung durch den nordöstlichen Hotter von Neustift bei Güssing. Über den Herrenberg hinauf auf das Hundseck und über den Friedhof wieder zurück in den Ort. Ein wenig anspruchsvoll mit schönen Aussichtspunkten. Vorgeschlagener Startpunkt ist beim Gemeindeamt in Neustift.
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Soll ich? Soll ich nicht? Eigentlich mag ich nicht. Aber andererseits sollte ich. Und geschlafen hatte ich auch nicht wirklich gut die letzte Nacht. Dieses „Wigl-Wogl“ am heutigen Tag war keine wirklich gute Voraussetzung für eine Wanderung. Aber dann habe ich doch meinen inneren Schweinhund (hab mal irgendwo gelesen, dass dieser tatsächlich „Günther“ heißt) bezwungen.
Um etwa 18:40, also doch schon etwas spät, brach ich dann tatsächlich noch zu meiner Tour auf. Andererseits war die Hitze des Tages jetzt bereits ein wenig abgeschwächt und die Temperaturen auch angenehm zum Wandern. Weit wollte ich heute dennoch nicht fahren, also muss die nähere Gegend für eine weitere Erkundungstour „herhalten“.
Vom Hauptplatz in Neustift bei Güssing ging ich zunächst die Dorfstraße nach hinten. Wie schon des Öfteren. Vorbei am Kriegerdenkmal und am Bauhof (der wie eine Kirche anmutet), diesmal die ganze Straße, bis nach hinten zum „Marterl“. Hier, bei der Straßengabelung, hielt ich mich rechts, Richtung Inzenhof. Mein grober Plan war heute Heatmapping. Ohne eine definitiv festgesetzte Route.
Das ist insofern nicht ungefährlich, weil ich mich ja kenne. Und derartige Vorhaben sind dann oft mit ein paar Tagen „Körper auskurieren“ verbunden. Weil Günther „himself“ (diesmal nicht der innere Schweinehund) seine Grenzen immer wieder aufs Neue austesten mag.
Ein paar Fotos von der Rastmöglichkeit, dem Marterl mit Bank, geknipst, und schon gehts weiter, was immer mich erwarten mag. Auf diesem Abschnitt wandert man aus Neustift hinaus, durch ein sanftes Tal, das sich immer weiter nach hinten erstreckt. An Wiesen und Feldern vorbei und bewaldeten Hängen zur Rechten. Dies auch weitgehend flach, wenn auch ganz leicht ansteigend. Das merkt man aber gar nicht.
Ich bin heute flott unterwegs und stoße bereits nach etwa 15 Minuten (oder 1,3 Kilometern) auf mein erstes Highlight. Ein grosses Wildgehege, gleich neben der Straße. Und darin etliche kleine und größere Bewohner. Vom Reh, über Rehbock bis zum Hirsch. Und darunter auch ein richtiges Prachtexemplar, soweit ich als Laie das beurteilen kann. Mit einem richtig schönen, großen Geweih (sagt man das so?).
Hier wird natürlich das Handy sofort für einige Bilder strapaziert. Und ich bemühe mich dabei, nicht zu viele Bewegungen zu machen, um das Rudel nicht zu verscheuchen. Aber offensichtlich lassen sich die Insassen von niemanden beim Äsen (sagt man das auch so?) stören. Schon gar nicht von einem fotowütigen Wanderer, der hinterm Gitter steht.
Eine Mischung aus Neugierde und Faszination lässt mich hier nun ein wenig verweilen. Der prächtige Hirsch schreitet wie ein König durch die Herde und weiß seine imposante Erscheinung offensichtlich richtig einzusetzen. Tja, „Selbstbewusstsein kannst dir nicht kaufen“, geht es mir durch den Kopf. Wer hat, der hat.
Nach ein paar weiteren Minuten lasse ich die Wildgesellschaft in Ruhe weiter äsen und wende mich wieder meinen Prioritäten zu. Ich habe eine Tour zu gehen. Also weiter! Während ich mich wieder in Bewegung setze, stelle ich mir grade die Gedanken von Reh und Hirsch vor: „Wird eh schon Zeit. Nicht mal in Ruhe fressen kann man. Immer diese Touristen!“
Bis Kilometer 1,9 geht meine Strecke noch ziemlich gerade und flach dahin um dann kurvig und ansteigend zu werden. Hier beginnt nun der richtige Anstieg auf den „Wiederberg“. Und nach etwa 30 Minuten, oder 2,3 Kilometern, wartet schon mein nächstes Highlight.
Wobei ich eher glaube, dass die beiden sicher nicht auf mich „gewartet“ haben. Die zwei ausgewachsenen Ochsen, mit ziemlich gefährlich aussehenden mächtigen Hörnern, zeigen zwar ein wenig mehr Aufmerksamkeit meiner Person gegenüber, als die Wildgesellschaft zuvor. Grasen (oder Äsen?) dann aber doch relativ uninteressiert weiter.
Dieser Umstand macht mich hier aber auch irgendwie froh. Ich sehe keinen Zaun zwischen uns. Wohl aber einen Hang, den sie vermutlich kaum rauf klettern können. Und wenn dann lösen sie mit ihrem Gewicht sicher einen Hangrutsch aus, den vermutlich noch Seismographen registrieren. Ok, das war jetzt übertrieben. Aber sie sehen wirklich mächtig aus.
In der folgenden langgezogenen Rechtskurve breitet sich rechtsseitig von mir, in südlicher Richtung, ein richtig schönes Panorama aus. Sogar eine Bank steht hier zum Genießen. Ich überlege kurz. Nein! Sonst werden meine Muskeln kalt und dann ist es noch schwerer, wieder in die Gänge zu kommen. Aber Zeit für ein paar Fotos bleibt allemal. Zu schön ist das Tal, in das ich hier hinunter sehe.
Nach diesem optischen Highlight später befinde ich mich ein wenig später auch schon auf den letzten Metern zum Wiederberg hinauf. Aber zuvor passiere ich noch die Straßenkreuzung zwischen Glöckelberg und Wiederberg. Hier muss ich mich nun entscheiden, wie meine Route weiter verlaufen soll.
Wirklich müde bin ich, nach etwa 3 Kilometern und etwa 90 Höhenmetern noch nicht. Also bereit für weitere „Schandtaten“. Und die Sonne war jetzt, um 19:23 h auch noch nicht zu weit „unten“. Also wähle ich, wie eh fast immer, die längere unsichere Variante, unter dem Motto: „Ja wenn ich jetzt schon da bin …“ Und das ebenso eh auch so wie immer.
Nach etwa 48 Minuten Gesamtzeit wandere ich nun über meinen ersten Gipfel heute. Der Wiederberg ist „erklommen“. Und ich entscheide mich auch hier, bei einer Kapelle, rechts abzubiegen. Eben auch die längere Variante. Jetzt wollte ich es wissen, wie es am Fuchsberg aussieht. Der zweite Gipfel sollte heute auch noch „fallen“. Und dann gleich wieder links, die nächste Straße hinab.
Dabei denke ich daran, dass es irgendwann auch wieder bergauf gehen muss, wenn es zunächst bergab geht. Sollte ich die Entscheidung gleich bereuen und zurück gehen? Am Kamm entlang und die kürzere Variante? Nein. Sonst wäre ich ja nicht „Günther“. Der seinen inneren Namensgefährten bekämpft.
Doch schon ein paar Meter weiter, die Straße hinab, werde ich vom nächsten Highlight in meiner Entscheidung bestätigt. Und fast hätte ich das auch übersehen.
Links von mir, am Waldrand entdecke ich am Fuße eines Baumes einen kleinen „Gruß an den Wanderer“. Ein entzückendes Arrangement aus geschnitztem Holz. Ein kleiner Mann, der unter einem „Glückspilz“ steht. Und daneben ein Schild:
Eine richtig süße Idee. Nachdem ich das Arrangement in Handy verewigt habe, spaziere ich weiter. Aber nicht weit. Da entdecke ich abermals ein weiteres hölzernes „Kunststück“. Diesmal ist ein Märchen nachgestellt. Die „Prinzessin auf der Erbse“ in einem kleinen Häuschen. Mindestens genauso schön wie das Erste davor.
Und ein paar weitere Meter dann „Hans und die 5 Zauberbohnen“. Hm? Dieses Märchen war mir nicht geläufig. Aber vermutlich war es die Geschichte von den Bohnenranken, die immer größer, in den Himmel wachsen? Die kannte ich aber unter anderem Namen. Glaube ich zumindest. Egal, das Arrangement war wieder herzig.
Zu meiner Linken öffnet sich nun wieder das Tal und gibt abermals ein tolles Panorama frei. Also heute habe ich wirklich Glück mit meiner Strecke, sinniere ich. Im Moment weiß ich ja gar nicht, wo ich zuerst hinschauen soll. Und wandern sollte ich auch noch. Gesagt, getan – weiter geht’s.
Aber nur ein paar Meter. Genauer gesagt bis zu „Igel und Hase“. Ein weiteres Märchen am Waldesrand. Wiederum offensichtlich in sorgsamer und mühseliger Schnitzarbeit hergestellt. Da hat sich jemand wirklich eine richtige Arbeit gemacht. Respekt an den Künstler. Vollends gelungen!
Aber das war es jetzt mit dem „märchenhaften Abschnitt“. Meine Strecke stieg nun wieder an und ich wandere an ein paar vereinzelt stehenden Häusern vorbei. Ein wenig müde war ich nun schon. Und so nahm ich die Gelegenheit dankbar an, die sich mir nach der nächsten Kurve bot. Eine Bank zum Rasten. Mit ein wenig Aussicht. Hier machte ich nun, nach knapp 4 Kilometern heute, mal Pause.
Wobei die Aussicht jetzt nicht so toll ist, wie ich sie heute schon entdecken durfte, denke ich mir nach 10 Minuten, als ich wieder aufbreche. Ich hatte gerastet, ich hatte getrunken und ich hatte geraucht (wie sich das anhört …). Und ich hatte eine neue Entscheidung getroffen. Der Fuchsberg war heute Geschichte. Dafür musste es das Hundseck sein.
Also marschiere ich ein kurzes Stück nach der Bank, bergauf um dann über die Kuppe drüber wieder bergab zu wandern. Ja heute geht es ganz schön „hochschaubahnmässig“ dahin.
Durch ein kleines Waldstück hindurch, komme ich bei einer Pferdekoppel wieder heraus. Eine schöne Anlage, die hier ruhig und ein wenig versteckt liegt. Den Pferden gefällt es sichtlich. Die fressen sich gerade sichtlich hungrig, durch ein Bündel Heu. Mahlzeit!
Rechts davon abermals traumhafte Aussicht. Ganz hinten kann ich sogar die Turmspitze der Burg Güssing erkennen. Und daneben den gewerblichen, nördlichen Teil von Güssing. Und weiter das Stremtal hinauf. Wirklich schön. Und natürlich viele, viele Fotos wert. Es ist aber jetzt nicht so, dass ich bei jeder Tour 200 Fotos mache. Nein. Manchmal sind es auch 400 … und mehr.
Weiter geht’s. Vor mir liegt nun eine kleine Siedlung. Da muss ich durch. Der Untergrund ist nun wieder asphaltiert, nach dem waldigen Schotterstück hinter mir. Und steigt wieder merklich an. Ansprechend wäre wohl das geeignetere Wort. Und zum Schluss, auf den letzten Metern zur Querstraße hinauf, richtig herausfordernd mit etwa 25-30% Anstieg.
Oben angekommen verschnaufe ich kurz. Und werfe einen Blick auf mein Handy. Gute 5 Kilometer liegen nun hinter mir und ich war 1 Stunde und 25 Minuten unterwegs. Aus dem anfänglichen flotten Schritt war ein, ob der Steigungen, eher langsamer geworden. Aber ich war immerhin noch unterwegs und wollte das Hundseck unbedingt schaffen! Und das lag ja nun nur mehr etwa 1 Kilometer vor mir.
Also weiter geht’s! Die Straße rechts hinunter gehend sehe ich zunächst ein Schild „16% Gefälle“. Na wumm. Und danach? Aber das Schild betraf mich gottlob nicht. Ich bog bei der nächsten Gelegenheit links den Weg hinein, Richtung Hundseck. Das Gefälle dürfte wohl später, die Straße entlang kommen.
Geradeaus wäre ich auch bei einer schmucken allein stehenden Kirche vorbei gekommen, die ich in der Ferne gesehne hatte. Aber die musste auf einen anderen Tag, im Rahmen einer anderen Tour warten.
Die Sonne verschwand nun auch langsam hinter dem Horizont und tauchte die Landschaft in dieses schöne Licht, das es nur in den langsam ausklingenden Sommerabenden, im August, gibt.
Und dazu abermals eine wundervolle Aussicht. Die schönste am heutigen Tag. Wieder Richtung Güssing rüber, aber diesmal mit richtig schönem breitem Panorama. Herrlich.
Nach diesem fast schon poetischen Erlebnis führt mich meine Route nun durch ein kleines Waldstück. Ein richtig grünes. Sogar am Boden ist eine Art Rasen. Marke extra grün. In der Dämmerung hat das Szenario auch etwas Märchenhaftes hier. Schön langsam wird es heute kitschig.
Nichtsdestotrotz fand dieser Kitsch nach wenigen Metern ein jähes Ende und ich trat wieder auf eine asphaltierte Straße hinaus. Und eine kleine Siedlung. Hier hielt ich mich nun links und folgte dem Straßenverlauf hinauf. Bis zum Hundseck.
Auf dem ich wenig später auch schon ankam. Allerdings ohne große Aussicht hier heroben. Das „Highlight“ bestand aus einem „Hochwasserbehälter“. Also, damit wir uns richtig verstehen: Kein Behälter für Hochwasser! Ein Behälter für Wasser, der ob der dadurch erzeugten Drucks, erhöht platziert ist (Klugscheißer hat gesprochen).
Was ich jetzt, mit dem Erreichen des letzten Gipfels heute, auch wusste: Ab jetzt geht es nur mehr bergab! Bis nach Neustift hinunter.
Und so war es dann auch. Der nächste Abschnitt, bis Kilometer 7,3 war weitgehend ereignislos und nur von ein paar Fotos unterbrochen. Der Sonnenuntergang musste natürlich auch ins Handy. Und was wäre dazu besser geeignet als eine gegenüberliegende Hügelgruppe, hinter der die Sonne verschwindet. Genauso war es.
Nun musste ich mich links halten. Diese Kreuzung hier kannte ich ja bereits von vergangenen Touren. Von jeder Richtung aus. Ich ging links weg und gleich wieder rechts, in den Friedhofsweg hinein. Dieser würde mich am Friedhof vorbei bis vor Neustift führen. Und genau dort wollte ich raus. An der Aussichtsbank nördlich von Neustift, wo ich auch noch nicht gewesen war.
Was mir meine Routenführung aber verschwiegen hatte, war, dass es hier nun wieder ein Stück weit bergauf ging. Eine Frechheit sondergleichen. Man sollte die Programmierer verklagen. Oder vielleicht sollte ich auch genauer schauen?!? Wäre eine (klag- und konfliktlose) Alternative.
Also schnaufte ich widerwillig auch das letzte Stück zum Friedhof hinauf. Mittlerweile war es auch schon ziemlich dunkel geworden. Und das Fotografieren wurde eben aus diesem Grund auch mühsamer. Im Normalfall ist es kein Problem auch Fotos während des Gehens zu machen. Dank den Sensoren und der Software im Handy, die brav jede unruhige Hand wieder wettmachen. Aber wenn es dunkel wird, spricht das Ding „Still halten“ … weil es belichten muss. Mag aber nicht stillhalten. Muss ich aber. Sonst wird’s nix.
Am dunklen Friedhof vorbei wandere ich nun wieder richtig steil bergab. Mit flottem Schritt. Quasi die „zweite Luft“ in Vorfreude auf das baldige Ende meiner Tour. Und vermutlich hat auch ein „getier“ daran Schuld, dass ich möglichst schnell sitzen will. Der Wolf. Insider kennen das ja, wenns zu brennen anfängt …
Und endlich, nach über 2 Stunden und bei Kilometer 8,1 bin ich bei der Bank angelangt. Und ein wenig enttäuscht. Für schöne Fotos ist es jetzt zu dunkel. Also dann eben ein andermal. Und niedersetzen werde ich mich jetzt auch nicht mehr. Sonst mag ich nicht mehr aufstehen.
Den Schwung vom bergab gehen mitnehmend, marschiere ich weiter rüber bis zur Bundesstraße und biege davor links in den Radweg nach Neustift hinein. Der letzte Kilometer der heutigen Tour liegt nun definitiv vor mir.
Und der verläuft weitgehend ereignislos. Das obligatorische Foto bei der Ortstafel, ein wenig stimmungsvolle Bilder mit Straßenlaternen und die blumengeschmückte Brücke vor dem Gemeindeamt.
Aber halt, etwas war da doch noch. Dieses eine Haus. Das nicht zu übersehen ist. Nun endlich auf im Handy verewigt. Was ich damit beschreiben will, ist ein vollkommen außergewöhnliches Haus mit einer straßenseitigen Fassade aus Lärche.
Doch der untere Teil dieser besteht aus beweglichen, unbehandelten Eisenelementen. Rostrot eben. Die der Fassade vorgelagert sind. Sieht brachial genial aus. Und mitten drinnen ein Schaufenster mit einem alten Oldtimer-Motorrad.
Die Blitzgneißer und Kombinierer unter uns haben jetzt sicher schon ihre Rückschlüsse gezogen: Richtig! Hier wohnt jemand der Motorräder repariert. Und jemand, der sichtlich über handwerkliches Geschick, enorme Vorstellungskraft und den Mut zum Außergewöhnlichen verfügt.
Und als ob es zum Mut noch eine Bestätigung bräuchte prangt auf einem Balkon des Hauses in großen Lettern, weithin sichtbar: „Fuck Wertewesten. Fuck NATO!“
Nun, das ist mal ein Statement. Einerseits in der Gesinnung. Andererseits, wenn jemand eine Meinung hat, sollte er sie auch sagen. Dieser Bewohner hier zeigt es sichtlich vor, wie man das „unübersehbar“ macht.
Und mein Vehikel ist jetzt auch nicht mehr zu übersehen. Angekommen. Eingestiegen. Und ab nach Hause. Dort wartet Kaffee und die Wund-Salbe für den Wolf …
Auch wenn es anstrengend war, so war es dennoch wieder mal richtig schön.
Günther Schranz, 6. August 2024